KI für Hörgeräte

Für Hörgeschädigte gehen Gespräche oft in einem Brei verschiedener Geräusche unter. Kann künstliche Intelligenz dies ändern?

Die Hochschule Luzern (HSLU) erforscht zusammen mit dem Hörgeräthersteller Sonova, wie Hörgeräte mittels Künstlicher Intelligenz (KI) grundlegend verbessert werden könnten. Die Vision dahinter: Die Geräte sollen auf Basis statistischer Daten jene Audiosignale ermitteln, die für die Trägerin oder den Träger mit hoher Wahrscheinlichkeit relevant sind. Den Rest filtert ein Algorithmus heraus.

Ruksana Giurda, Ingenieurin und Projektleiterin seitens Sonova, erklärt die Relevanz des Ansatzes: «In Situationen mit sehr vielen Geräuschquellen ist es für Betroffene eine grosse Herausforderung, einem Gespräch zu folgen.» Zwar arbeiten neuere Hörhilfen bereits mit Audiofiltern, die automatisch einen Teil der Nebengeräusche unterdrücken können. Diese kommen aber lediglich mit sehr allgemein gehaltenen Voreinstellungen daher, wie Giurda sagt. «Das Hörgerät ‹weiss› ja nicht, welche akustischen Signale in einem bestimmten Moment für eine Person gerade wichtig sind und welche nicht.»

Training mit Teller-Geklapper

Genau dort setzt nun «Darling»  (Detecting And Reacting to Listening Intention aNd Goals) an. So der Name des gemeinsamen Forschungsprojekt von HSLU und Sonova trägt. KI-Forscher Simone Lionetti ist seitens HSLU für das Projekt verantwortlich: «Um eine Künstliche Intelligenz für ein Hörgerät zu trainieren, brauchen wir eine grosse Menge aussagekräftiger Daten. Nur so ‹lernt› der Algorithmus, welche akustischen Signale in einem bestimmten Moment für eine Person gerade wichtig sind und welche nicht», erläutert er.

Deshalb führt die Forschungsgruppe derzeit in einem «Real Life Lab» von Sonova möglichst lebensnahe Experimente durch, bei denen die Akustik einer Situation – etwa eines Restaurantbesuchs – nachgebaut und die Reaktionen des menschlichen Körpers auf die Geräusche gemessen werden. Die Forschenden hoffen, letztlich genügend Daten zu sammeln, um damit einen KI-Prototypen zu programmieren. Simone Lionetti betont, dass es bisher nirgends auf der Welt eine KI gibt, die die Hör-Absicht einer Person treffsicher vorhersagen kann. «Wir betreten mit unserer Forschung Neuland. Sollten wir Erfolg haben, könnten wir das Leben vieler Menschen enorm erleichtern.»

Innosuisse, die Forschungsagentur des Bundes, unterstützt «Darling» mit rund 700.000 Franken. Der Abschluss des Projekts ist 2024 geplant.