Ukraine: Google schaltet Verkehrsdaten in Echtzeit ab

Google deaktiviert vorübergehend Liveverkehrsdaten und Lokalisierungsfunktionen in der Ukraine, um die örtliche Bevölkerung inmitten der russischen Invasion zu schützen.

Google hat für die Ukraine vorläufig Funktionen von Google Maps deaktiviert, die Informationen über die aktuelle Verkehrslage und die Anzahl der Menschen vor Ort liefern. Zu den Tools gehören die Google Maps-Verkehrsebene und Live-Informationen darüber, wie stark Orte wie Geschäfte und Restaurants frequentiert sind. Das Unternehmen erklärte, dass es diesen Schritt nach Rücksprache mit Quellen, wie den regionalen Behörden, unternommen hat, um die Sicherheit der örtlichen Bevölkerung zu unterstützen. Die Informationen werden auf der Grundlage von anonymisierten Live-Standortdaten bereitgestellt, die von Googles Android-Smartphones gesammelt werden.

Turn-by-Turn-Navigationsfunktionen

Das Unternehmen teilte mit, dass die Informationen zwar nicht weltweit zugänglich seien, die Verkehrsdaten aber weiterhin für die Nutzer innerhalb des Landes über die Turn-by-Turn-Navigationsfunktionen bereitgestellt würden. Die Kämpfe zwischen den ukrainischen und russischen Streitkräften, die am vergangenen Donnerstag in das Land einmarschierten, dauern weiter an. Fast 400.000 Zivilisten sind seit Beginn des Krieges in die Nachbarländer geflohen.

Beobachter haben bereits mithilfe der Verkehrsdaten von Google Einblicke in den Verlauf der Invasion gewonnen. Am Morgen des vergangenen Donnerstags entdeckten Forscher einen ungewöhnlichen “Stau” an einem Ort, an dem Satellitendaten bereits eine Ansammlung russischer Militärfahrzeuge in Russland nahe der ukrainischen Grenze gezeigt hatten. Der “Stau” wurde als eines der ersten Indizien für den Beginn der russischen Invasion gesehen, Stunden bevor der russische Präsident Wladimir Putin den Angriff offiziell ankündigte, erklärte Professor Jerry Lewis vom kalifornischen Middlebury Institute of International Studies. Auf Twitter wies er darauf hin, dass es sich bei der ungewöhnlichen Aktivität höchstwahrscheinlich nicht um die Smartphones der Soldaten handelte, sondern um die Bewegungsdaten von Fahrern, die durch Straßensperren des Militärkonvois aufgehalten worden waren. “Jemand macht sich auf den Weg”, schrieb Lewis damals auf Twitter.

Standortdaten verraten Geheiminfos

Standortdaten haben schon öfter Informationen preisgegeben, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Als die Fitness-App Strava 2017 eine Karte der Nutzeraktivitäten veröffentlichte, verriet sie ungewollt die Standorte mehrerer geheimer US-Militärbasen, auf denen Soldaten Runden um Flugplätze joggten.

Im Jahr 2012, als der Unternehmer John McAfee im Zuge einer strafrechtlichen Untersuchung als “Person of Interest” galt, veröffentlichte die Nachrichtenwebsite Vice ein Foto von McAfee mit ihrem Chefredakteur Rocco Castoro. Die EXIF-Metadaten des Fotos enthielten GPS-Koordinaten, aus denen hervorging, dass sich McAfee in Guatemala befand, gleich hinter der Grenze zu Belize. McAfee wurde später in Spanien verhaftet und starb im Gefängnis, während er auf seine Auslieferung in die Vereinigten Staaten wegen Steuerbetrugs wartete.