Was Google den Verlagen schuldet

Abgeltung für journalistische Inhalte müsste laut Studie mindestens 154 Millionen Franken betragen.

Die Untersuchung will die Notwendigkeit eines Leistungsschutzrechtes untermauern, das internationale Tech-Plattformen dazu verpflichtet, für die Nutzung journalistischer Inhalte einen angemessenen Ausgleich zu entrichten. Die Studie wurde wissenschaftlich durch die ETH Zürich und die Universität Zürich begleitet.

Gegenwärtig bereitet der Bundesrat eine Teilrevision des Bundesgesetzes über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vor. Damit erhielte auch die Schweiz – wie in der EU und gemäss internationalem Standard – ein Leistungsschutzrecht, welches den Schutz journalistischer Leistungen explizit festhalten würde. Was die Berechnung des Ausgleichs angeht, den die internationalen Tech- Plattformen zu leisten hätten, so möchte die nun vorgelegte Studie erstmals verlässliche Zahlen liefern. Dabei wurde das Online-Verhalten von 1’573 Internetnutzerinnen und Internetnutzern in der Schweiz überprüft.

Informationsbeschaffung vorwiegend über Suchmaschinen

Gemäss der Studie von FehrAdvice & Partners, welche im Auftrag des Verlegerverbandes SCHWEIZER MEDIEN und in Zusammenarbeit mit Wirtschaftswissenschaftern der ETH und der Universität Zürich erstellt wurde, zeigt sich folgendes Bild: Schweizerinnen und Schweizer nutzen zur Informationsbeschaffung mit Abstand am ehesten Suchmaschinen (86%), an zweiter Stelle die Online-Portale der Medien (50%), vor den sozialen Medien (40%) und gedruckten Tageszeitungen sowie anderen Medien (29%). Die Hälfte der Internetnutzenden (53%) bleiben dabei im Google-Ökosystem: Diese Menschen klicken nicht auf die Links zu externen Webseiten, weil die Antworten der Suchmaschine ausreichen, um das Informationsinteresse zu stillen, oder weil sie auf andere Services von Google (etwa Google Bilder) weiterklicken.

Beitrag der Medien zum Erfolg der Plattformen

“Die Ergebnisse des Experiments weisen in eine eindeutige Richtung: Medieninhalte ziehen Nutzer in das Google-Ökosystem und halten sie dort”, so die Studienautoren. Google mit Medieninhalten wird als eine qualitativ hochwertigere und vertrauensvollere Plattform wahr-genommen als ein solches Angebot ohne Medieninhalte. In den Augen der User ist die Google-Suche mit Medieninhalten 16% mehr Geld wert als die Google-Suche ohne Medieninhalte.

Die Studie zeigt weiter, dass Google öfter und intensiver genutzt wird, wenn Medieninhalte eingebunden sind. Die Medien würden damit einen stabilisierenden Faktor für das Google Ökosystem in puncto Nutzung darstellen. Konkret steigert die Einbindung der Medieninhalte bei Google die Wahrscheinlichkeit, bei der nächsten Suche wieder Google zu verwenden, um 9 Prozent, so ein weiteres Studien-ergebnis.

Aufwand bei den Verlagen, Nutzen bei Google

Es zeige sich auf signifikante Weise, dass Google nur einen kleineren Anteil der eintreffenden Besuche auf die (Inhalte beitragenden) Medien verteilt, den grösseren Anteil der Besuche behält Google im eigenen Ökosystem. Das Teilungsverhältnis des für die Erlöse relevanten „Online-Traffics“ schlägt laut Studie also eindeutig zu Gunsten von Google aus.  “Wir sehen hier ein Marktversagen, bei dem es eine Regulierung braucht. Google nützt seine Monopolstellung aus”, so die Studienautoren rund um den Ökonomen Ernst Fehr von der Universität Zürich und Mitglied des Verwaltungsrats bei FehrAdvice.

Anhand der Daten hat FehrAdvice & Partners einen Wertbeitrag der Schweizer Medien für das Google Ökosystem errechnet. Als Grundlage der Ableitung dient einerseits der Marktanteil Googles an der suchmaschinenbasierten Werbung in der Schweiz (Google-Umsatz mit Search Engine Advertising, circa 1 Milliarde Franken) sowie die Studienerkenntnis, dass Medien in 70 Prozent der relevanten Fälle einen wesentlichen Beitrag zum positiven Sucherlebnis der User beitragen. Davon und aus anderen wesentlichen Kennzahlen leitet FehrAdvice & Partners einen marktüblichen «Fair Share» ab, der auf Basis eines Marktvolumens für Search Engine Advertising von 1,1 Milliarden Franken (Quelle: adex iab 2022) bei mindestens 154 Millionen Franken liegt.