KI-gesteuerte Überwachungssysteme verbreiten sich in China

Überwachungssysteme auf KI-Basis sollenl in China nun verstärkt gegen Uiguren und andere ethnische Minderheiten eingesetzt werden. Menschenrechtsaktivisten zeigen sich besorgt.

Sogenannte “One Person, One File”-Systeme sammeln und organisieren automatisiert große Mengen an Informationen und Daten über einzelne Personen. Die Systeme werden bereits von dutzenden chinesischen Firmen entwickelt und wurden schon von Strafverfolgungs- und Regierungsbehörden eingesetzt, heißt es in einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters. Die KI-Überwachungssysteme werden nun verstärkt durch chinesische Behörden ausgeschrieben.  Seit dem ersten Patent für die Technologie haben lokale Behörden in ganz China mindestens 50 Ausschreibungen für solche Systeme eingereicht, von denen 32 im Jahr 2021 eröffnet wurden, so Reuters. 

Das erste Patent für “One Person, One File” wurde vor vier Jahren angemeldet. Reuters berichtet, dass 22 Technologieunternehmen, darunter Sensetime, Huawei, Megvii, Cloudwalk, Dahua und die Cloud-Abteilung von Baidu, solche Software bereits anbieten. Mindestens auf die Hälfte der 50 Ausschreibungen seien inzwischen erfolgreich Angebote eingegangen. Chinesische Behörden lehnten es ab, den Bericht von Reuters zu kommentieren.

Technologie spart Personal

Bisherige Systeme benötigten Personal, um die Informationen zu generieren. Die neue Technologie hingegen kann etwa Aufnahmen von Überwachungskameras mit Gesichtserkennungssoftware analysieren – ganz ohne Personalaufwand. In einer im Juli letzten Jahres veröffentlichten Ausschreibung der Abteilung für öffentliche Sicherheit der Provinz Henan wurden die Anforderungen dargelegt. Das System müsse demnach in der Lage sein, Gesichter zu erkennen und zu archivieren, die “teilweise verdeckt, maskiert sind, oder eine Brille tragen”. Bilder mit niedriger Auflösung müssten sie gut analysieren können.

Mindestens vier der Angebote besagten, dass die Software in der Lage sein sollte, Informationen aus den Social-Media-Konten der Person zu ziehen. Zwei gaben an, dass sie verwendet werde, um persönliche Details wie Verwandte, soziale Kreise, Fahrzeugdaten, Heiratsstatus und Einkaufsgewohnheiten zusammenzustellen und zu analysieren, so Reuters.

Sorge um Menschenrechte

Die Nachricht bestätigen Sorgen von Menschenrechtsaktivisten über das Missbrauchspotenzial von weit verbreiteten staatlichen Überwachungssysteme. Sie befürchten, dass die Systeme eingesetzt werden können, um abweichende Meinungen zu unterdrücken, insbesondere die von ethnischen Minderheiten wie den Uiguren.

Neun der von Reuters analysierten Ausschreibungen lassen vermuten, dass die ausgeschrieben Software gegen die Uiguren eingesetzt werden soll. So könnte sie zum Beispiel automatisiert feststellen, ob Passanten der ethnischen Minderheit angehören, eine Verbindung zu Frühwarnsystemen der Polizei herstellen und Bildarchive der Personen anlegen.

Reuters fand eine Ausschreibung eines Parteiorgans der Kommunistischen Partei in der südöstlichen Inselprovinz Hainan aus dem Februar 2020, in der von einer Datenbank für uigurische und tibetische Einwohner die Rede ist. Sie soll das “Erfassen von Informationen über Personen, die in Terrorismus verwickelt sind”, erleichtern.

Auch in der Präfektur Ngawa in der Provinz Sichuan, die hauptsächlich von Tibetern bewohnt wird, gibt es ähnliche Ausschreibungen. Örtliche Behörden erklärten, ihr System werde zur “Aufrechterhaltung der politischen Sicherheit, der sozialen Stabilität und des Friedens in der Bevölkerung” eingesetzt.

Letztes Jahr erklärte die chinesische Botschaft in Großbritannien gegenüber der BBC-Sendung Panorama, dass Berichte über Gesichtserkennungstechnologie, die auf ethnische Minderheiten abzielt, unbegründet seien. “Es gibt keine sogenannte Gesichtserkennungstechnologie, die Uiguren in irgendeiner Weise analysiert”, sagte die Botschaft damals. Huawei erklärte derweil, dass es “keine Anwendungen entwickelt oder verkauft, die auf eine bestimmte Personengruppe abzielen”.

Die Bedenken der Menschenrechtsaktiviten begrenzen sich jedoch nicht nur auf China. Die Sorge ist, dass auch westliche Länder Gesichtserkennung und künstlicher Intelligenz zur Überwachung einsetzen könnten.