3D-Bewegungsanalyse gegen Kniearthrose

Fachhochschule St. Pölten entwickelt KI-basierte Videoanalysen, die sich auch außerhalb spezialisierter Labore nutzen lassen.

Das Gangbild jedes Menschen ist individuell und verändert sich durch Gelenksabnützung. Bislang war die 3D-Bewegungsanalyse im Ganglabor das mit Abstand genaueste Verfahren für die Untersuchung menschlicher Bewegungsabläufe. Trotz ihrer Vorteile ist die Ganganalyse ein aufwendiges Verfahren, das oft nur in einem spezialisierten „Ganganalyselabor“ durchgeführt werden kann, was großangelegte Studien erschwert.

Zukunftsweisende Technologien ermöglichen mittels Künstlicher Intelligenz Smartphone-basierte Videoanalysen, die kostengünstig und außerhalb spezialisierter Labore Anwendung finden. Im Forschungsprojekt „ACCESS“ untersuchen Forschende der FH St. Pölten gemeinsam mit der Universität für Weiterbildung Krems das Potential dieser mobilen Technologien, um das Bewegungsmuster bei Menschen mit Kniearthrose umfassend zu erforschen.

Citizen Science

„Dank der technischen Fortschritte in Künstlicher Intelligenz, Cloud und Mobile Computing können wir biomechanische Bewegungsanalysen mittlerweile ortsunabhängig durchführen. Was früher nur mit großem Aufwand in einem Motion Capture Labor möglich war, geht jetzt fast überall mit zwei einfachen Smartphones“, sagt Projektleiter Brian Horsak von der FH St. Pölten und ergänzt: „In ACCESS nutzen wir diese Technologie in einem Citizen-Science-Ansatz, um große biomechanische Datenmengen von einer diversen Patient:innenkohorte im Feld zu erheben und zu analysieren.“

„ACCESS beschäftigt sich mit der Nutzbarmachung und Genauigkeit solcher Videosysteme, um frühe Formen der Arthrose zu erkennen und damit frühzeitig Hinweise auf die Erkrankung zu bekommen. Da fast 20 Prozent der Gesamtbevölkerung an Arthrose leidet, erscheint die frühe Erfassung und Prävention entscheidend zur Einleitung der richtigen Therapie und Erhaltung der Mobilität“, betont Kooperationspartner Stefan Nehrer von der Universität für Weiterbildung Krems, dort tätig im Zentrum für Regenerative Medizin.

Mit seinem Citizen-Science-Ansatz beschreitet das Projekt neue Wege in der Biomechanik. 25 Physiotherapeut:innen und ihre Kniearthrose-Patient:innen forschen gemeinsam in diesem Projekt als Citizen Scientists. Physiotherapeut:innen erfassen Bewegungsdaten von Patient:innen mit Kniearthrose mit einer Smartphone-basierten Videoanalyse. Patient:innen liefern Informationen zu Schmerz, körperlicher Funktion sowie zur mentalen Gesundheit. Aus Sicht der Projektpartner wird damit ein weltweit einzigartiger Datensatz von rund 200 Patient:innen entstehen.

Open-Source-Technologie

Für die Videoanalyse der ACCESS-Studie nutzen die Forschenden OpenCap – eine kürzlich von der Stanford University entwickelte Lösung. OpenCap ist ein open-source Motion-Capture-System, mit dem die Citizen Scientists die 3D-Bewegungsdynamik bei Patient:innen mit Kniearthrose erfassen können.

Das Forschungsprojekt ACCESS wird von der FH St. Pölten gemeinsam mit der Universität für Weiterbildung Krems umgesetzt. Alle Projektergebnisse sowie gesammelten Daten werden in einem Open-Access-Format für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Publikationen im Zusammenhang mit der Studie werden allen Teilnehmenden zur Verfügung gestellt. Die Gesellschaft für Forschungsförderung NÖ fördert ACCESS aus Mitteln der FTI-Strategie (Citizen Science 2023).